Handsome Holocaust

Ausflugslokal Onkel Eiserner Gustav, außen, Lärm durch Getier und Insekten. Connor und Blossom an einem Tisch.

"Meine Großmutter weckte dich und sagte, sie schmeiße dich 'raus, falls du dich in einen Käfer verwandeltest. Ich denke an das Buch eines deutschen, österreichischen, tschechischen, unorthodoxen Juden und lache die alte Frau aus. Dann gehst Du nach Hause. Es war eine gute Nacht. Gute Nacht! Abends rufst du völlig aufgelöst bei mir an und erzählst folgendes: "Du, hör' zu. ich legte mich nachmittags ins Bett. War wirklich 'ne anstrengende Nacht. Als ich aufwachte, war mein Totenkopfring fein säuberlich in vier Teile gebrochen. Nein.... ich habe überhaupt nichts zu verbergen. Eine Freundin von mir betrat das angenehm düstere Zimmer. Meinen Ekel überwindend, küßte ich sie zur Begrüßung auf die Wange. Eine gläserne Wand senkte sich zwischen uns nieder. Ich weiß, ich lasse keine noch so schlechte Metapher aus. Aber ich kann doch nichts dafür, oder? Ja- wir sind doch alle Fatalisten. Na sag' ich doch. Dann wurden verBälle hin und her gespielt. Sie warf mir Experimentierfreudigkeit vor. Ich weiß nicht, warum. Nein- ich habe auch keine Tricks versucht. Sie sagte, sie brach den Ring in vier Teile. Ich weiß. Scheiß der Hund drauf! Sie wurde vorwurfsfreudig und warf mir blindes Verraten der GeschlechtsgenossInnen vor. Meine Haare seien zu lang, nicht lila genug und ich wolle immer nur das Eine. Danach verschwand sie. Ich lachte und rief ihr hinterher, ich würde ihr immer helfen, aber sie sei gestorben.

Ja, Du hast recht! je oberflächlicher der Haß ist, desto tiefer ist er. Tschüss!"

"Gute Nacht!"

Andersemanzipation als unerträgliche Kampfansage für die, die keinen abbekamen: Zuhause folgte ein Telephonat mit Duncan, ungefähr gegen dreiundzwanzig Uhr. "Ich habe ein tolles Bild in der kowalski gesehen"

"Die gibt’s auch nich’ mehr lang, do Sicker. Erzähl ma’"

"Zwei unförmige, massige Menschen korpulieren auf einer bezaubernden Kommode. Diese vor viehischer Lust verzerrten Gesichter, diese zahnlosen Fickmasken rufen, rufen, rufen Fliegen sind überall, kein Wunder bei diesem kotübersäten Zimmer. Eiche funiert. Gut. In der unteren Schublade der Kommode streiten sich Kinder, ziehen sich an den Haaren. Jeder Mensch muß sich damit abfinden, daß er Fliegen in der Nähe hat. Das ist nun mal so. Eine Vase kippt um, eine gelbe Kerze brennt wie Dubrovnik, ein Kind schlägt zu. Ein Mann sitzt auf dem verschmutzten Boden und hält in der linken Hand einen Revolver, den er sich in den Mund steckt.( Stimme aus dem Off: "Drück ab, zerschell' s like teen spirit" ) In der Rechten hat er einen Spiegel, in welchem er sich kindlich-angsterfüllt, einen kurzen Moment vor der Selbsttötung beobachtet. Der Abzug ist gespannt. Ich auch."

"Hitlerjunge Quax, der Ehebruchpilot", notierte Connor gedankenverloren und wollte sich des Thesaurus bedienen, hatte diesen aber noch nicht aufgespielt. Er war eben kein Säbelzahnfreibeutler.

 

Narcissus: The ancient Greek god

who felt in love with his own reflection

Am nächsten Tag im blauen Rheydt, seine erste Lesung rief schon einen 68iger Lehrer auf den Plan, der ihn tödlich beleidigte, weil er ihn in die Nähe von Stephen King rückte. Mit temporärem Abstand wußte er nicht mehr genau für wen es eine größere Beleidigung gewesen wäre. Zur unvorstellbaren letzten Schlacht antreten. Er hatte nur ein kurzes Stück vorgetragen, schon war die Hälfte der Weicheier im Auditorium weg. Die Hommage á Bukowski war noch schlechter gelitten als die gebrochene Lanze für Kinski- "He Du- wahnsinniger Kettensägenmörder- ja, schneide meinen Schädel auf. Es knirscht und knackt- ein schönes Geräusch." Dann plumpst mein Gehirn auf den Boden. Tolpatsch! Jetzt liegt es verschmiert herum. (Aber nicht mehr verschmiert im Kopf) Hättest du es dir angeschaut bevor du es fallen ließt! Es ist genau wie ich. Gespalten in zwei Teile. Nur an der Wurzel hängt der Mist zusammen."

Das kulturrevolutionäre Unheil kommt auf ihn zu: "Weißt du ne, das erinnert mich so ‘n Stück weit an die Schreibe von King in Tommyknockers"

"Ach so, schön. Ich geh’ dann ‘n Bier trinken".

Er beschloß das Publikum nur noch zu siezen, der frühere Todfeind war nun der Partner.

Er wagte sich in den Vorhof der K-Hölle, es war kalt, er hatte die Hände in den Taschen und eine Zigarette im Mund, sah damit aus wie der alte Mann in Cures "Killing-an-Arab"-Video. Im Anschluß an diese Szene erhoffte er sich die reinigende Wirkung, die leider nicht alle Vorurteile bestätigte.

 

So war es dort eben, Abstand ist eine Quelle der Motivation. Wer Distanz abbaut, büßt Autorität ein.